Negativity Bias und Doom Scrolling, – bitte was? Was im ersten Moment nach ausgedachten Fremdwörtern klingt, ist die Realität in der psychologischen Forschung zur Auswirkung von klassischen Nachrichten etlicher journalistischer Produktionen. Doch was hat es damit auf sich und wie kann man mit der Sicht der positiven Psychologie diese Themen angehen? Um jene Fragen soll es in den kommenden Zeilen heute gehen.
Bad news
Laut einer Stude der American Psychological Association aus dem Jahre 2018 verspüren mehr als 50% der befragten Teilnehmenden in den USA Stress, wenn sie Nachrichten konsumieren. Eine andere US-Studie konnte zeigen, dass fast 70 Prozent der Amerikaner angaben, sich von der Menge der Nachrichten, die sie auf verschiedenen Plattformen erreichen, überfordert fühlen. Zudem erleben viele von ihnen dadurch Angstzustände, Müdigkeit oder Schlafverlust, die durch den Medienkonsum verschlimmert werden.
Negativity Bias – der Kassenschlager für die Medien
All dies spielt dem sogenannten Negativity Bias in die Karten. Dieser besagt, dass Du bzw. dein Gehirn stärker auf negative Nachrichten reagierst als auf neutrale oder positive Botschaften. Überleg doch mal: Was bleibt z.B. in einem Feedback-Gespräch eher in deinem Kopf hängen? All die positiven Kommentare oder doch diese eine negative, nicht zufriedenstellende Rückmeldung? Doch der Negativity Bias interessiert die Medienhäuser der Nation nicht, denn welche Schlagzeilen klicken und verkaufen sich am besten? Richtig, die negativen Schocker-Statements. Die psychologische Forschung konnte jedoch zeigen, dass dies zu einigen negativen Auswirkungen führen kann. Dadurch entstehen die Meinung und der Glaube, dass in unserer Welt nur noch schlechte, gefährliche, fragwürdige Dinge passieren, die wir sowieso nicht ändern können. (auch bekannt als erlernte Hilfslosigkeit.) Diese Verzerrung des Weltbildes führt früher oder später – unbewusst oder bewusst – zu einer Erhöhung von Stress durch den erhöhten Cortisolwert. Bei Dauerstress kann dies sogar zu weiteren gesundheitlichen Auswirkungen führen wie z.B. Angstzuständen, Schlafschwierigkeiten oder Depressionen. Also nicht gerade gesundheitsfördernd und eine Erklärung für die oben genannten Studienergebnisse.
Die Dosis macht das Gift
Wir erfinden das Rad definitiv nicht neu, wenn wir dir jetzt erzählen, dass Du deinen Medienkonsum hinterfragen solltest. Wir möchten dir viel mehr Anstöße mitgeben, in Zeiten wie diesen, ein Mediengespür zu entwickeln und den Medienkonsum an die individuellen Bedürfnisse anpassen. Das gelingt z.B. mit der Frage: “Wie viele Nachrichten vertrage ich überhaupt?
Beobachte doch mal, wie viele Stunden Du für die Informations-Aufnahme am Tag aufbringst und wie es dir danach geht. Fühlst Du dich besser informiert, hat dich die Informationsaufnahme jetzt vorangebracht oder doch mehr verzweifelt und hoffnungslos zurückgelassen? Fühlst Du dich stimmungstechnisch besser, gleich wie vorhin oder gar schlechter? Von was ist dies abhängig? Ist dies nur bei gewissen Medienformaten der Fall? Also fühlst Du dich z.B. nach dem Scrollen auf Facebook oder Twitter schlechter, als wenn du die Radio-Nachrichten auf dem Weg in die Arbeit konsumierst?
Digital Detox für immer?
Keine Sorge, Du musst nicht gleich drastisch Deinen Fernseher, Deine Zeitung oder dein Smartphone wegsperren. Versuch einen Weg für Dich zu finden, bei dem Du Dich gut informierst fühlst, aber nicht in den Bann der meist negativen Nachrichten gezogen wirst. Das heißt, möglicherweise Bildschirmzeiten einplanen, die Push-Benachrichtigungen abzustellen, nur mehr einmal täglich oder z.B. mittags für 10 Minuten die Lage checken und handyfreie Zeiten schaffen wie z.B. direkt nach dem Aufstehen und vor dem Zu-Bett-Gehen. Zusätzlich kann eine Ausgleichsaktivität für eine „Verdauung“ der konsumierten Nachrichten helfen, indem man z.B. mit anderen Menschen in seinem Leben darüber spricht oder eine Runde spazieren geht und den Kopf abschaltet.
Schon mal was von Doom-Scrolling gehört?
Unser Gehirn ist der Meinung, je mehr Informationen wir besitzen, desto besser hätten wir eine bestimmte Situation im Griff. Doch im Falle von negativen Ereignissen ist dies eine Falschannahme. Denn jede Schlagzeile, jedes Bild und jedes Video wirkt unterbewusst auf uns. Ob wir wollen oder nicht und dies führt zu der Ausschüttung von negativen Reaktionen wie z.B. Stress oder Panik, da unser Gehirn uns Signale sendet, dass wir direkt in dieser Situation involviert wären. Dies kann zu einer negativen Spirale voller Hilfslosigkeit, Trauer und Depression führen, die oft mit dem Begriff des Doom Scrollings gleichgesetzt wird. Dieser Begriff setzt sich aus dem englischen Wort „doom“ für Verderben sowie dem Scrolling am Smartphone zusammen und beschreibt das endlose Konsumieren von schlechten Nachrichten – meist auf sozialen Netzwerken.
Der Steinzeit sei Dank
Aus evolutionärer Sicht ist dieses Phänomen leicht erklärbar: Situationen, die neuartig, bedrohlich oder unüberschaubar wirken, können Angst oder Überforderung freisetzen. Dies machte uns überlebensfähig, denn damals konnte jede fremde Beere oder jedes Tier als potenzielle Gefahr gelten. Um diesen Gefühlen entgegenzuwirken und in solchen Momenten die Oberhand zu gewinnen, verlangt unser Gehirn nach Informationen. Und zwar nach einer großen Menge, denn je mehr wir wissen, desto besser sind wir vorbereitet und desto höher sind unsere Überlebenschancen.
So weit so gut, aber inzwischen hat sich viel getan und wir müssen nicht jede Bedrohung hinterfragen, die von unserem Gehirn als solche abgetan wird. Und falls man sich dann doch informiert, reicht es, die eine Schlagzeile, anstatt das Thema in drei verschiedenen Medien in 12 Artikel dazu zu lesen. Denn eines darf man nicht vergessen:
Wenn Du auf die Schlagzeile klickst, werden die dahintersteckenden Algorithmen mit der Information gefüttert, dass Du mehr zu diesem Thema möchtest und für gut empfindest. Und so werden dir mehr und mehr Nachrichten dieser Art angezeigt und die Negativspirale dreht sich immer munter weiter.
Aber irgendwann wird man abgestumpft, da sich die Botschaften wiederholen und man gewinnt eher negative Gefühle als zusätzliche Wissen.
Wir haben eine Lösung parat- deine Daily Dose of Good News
Richtig gehört! Wir wäre es mit einer täglichen Dosis positiver Nachrichten, um dem Cortisol-Anstieg in deinen Körper nicht zusätzlich zu steigern? Bereits im Jahre 2016 hat das Medienhaus The Guardian in England ein Pilotprojekt gestartet, in welchem man über die positiven, guten Dinge, die Tag für Tag auf der Welt geschehen, berichtet hat. Dabei wurden die Leser:innen und deren Reaktionen als auch Interaktionen online beobachtet und die Rückmeldungen konnten sich sehen lassen: Tausende Begeisterte teilten die Nachrichten auf diversen Sozialen Netzwerken und die Klickraten für solche Artikel stiegen auch bemerkbar.
Das heißt im Umkehrschluss, dass wir gerne positive Nachrichten sehen, hören, lesen und dies auch nachweislich positiv unseren Zustand beeinflussen. Und entwickelt man erst mal einen positiven Blick auf seine Umwelt, fallen einem nach und nach mehr gute Nachrichten auf. Wir erwarten nicht, die Realität mit den dazugehörigen Nachrichten zu verbannen oder zu umgehen. Wir empfehlen viel mehr, einfach Raum für mehr Positivität in deiner persönlichen Nachrichten-Konsumation zu schaffen.
Last but not least: Good News?
Lass Dich nicht von jeder reißerischen Schlagzeile anlocken und wenn dir die „normalen“ Nachrichten zu intensiv sind: Greif einfach auf Kindernachrichten zurück. 🙂
Und für alle, die eine tägliche Dosis Optimismus am Smartphone oder am Laptop konsumieren möchten: Hier gibt es eine Website namens GoodNews, die von Montag bis Freitag Good News und lösungsorientierte Nachrichten sammeln und kostenlos sammeln. Ich persönlich bin positiv gestimmt, dass sich das Vorbeischauen lohnt 🙂
Einige große (leider bislang nur englische) Medienhäuser haben inzwischen Rubriken mit guten Nachrichten wie z.B. Daily Mirror, Today, Huffington Post, The Telegraph, oder BBC. Außerdem gibt es zusätzliche Websites, die sich ausschließlich der Veröffentlichung positiver Nachrichten widmen wie z.B. GoodNewsNetwork, Positive.News oder DailyGood. Also auch hier lohnt es sich, den ein oder anderen Klick dazulassen.